Gin

Spirituosenkategorie Gin

Spirituose mit Wacholder und noch viel mehr

Eines haben das Regal in der Bar und das Spirituosenangebot im Handel gemeinsam: Die Auswahl an Gin ist reichlich und gibt bei den Spirituosen mit den Ton an. Das war nicht immer so, obgleich der Gin über eine lange Tradition verfügt. Doch zu Beginn des neuen Jahrtausends kommt auch neuer Schwung in die Gin-Geschichte. Was als klassisches Revival einer Spirituosen beginnt, entpuppt sich alsbald als wahrer Innovationstreiber für die gesamte Spirituosenkategorie. Anfangs ist der Gin ein englischer Klassiker, der mit seinen Botanicals den Glanz kolonialer Zeiten einfängt. Eine sauber erzeugte Spirituose mit klarer Betonung des Wacholdergeschmacks und Botanicals, die auf Frische und feine Exotik setzen. Gut zwanzig Jahre später ist Gin ein internationales Phänomen, denn er kommt mittlerweile aus aller Welt. 

Gleichzeitig ist der Gin ein Getränk geworden, das für Regionalität steht. Von Eifel bis Schwarzwald, von den Alpen bis an die Küste: Die Liste deutscher Landschaften, die mit einem eigenen Gin auftrumpfen können, ist beeindruckend. Inzwischen hat der Gin auch die Städte erreicht. Kaum eine deutsche Großstadt, die nicht mindestens einen City-Gin vorweisen kann. Den Freundinnen und Freunden des Gin ist es recht. Auch sie haben inzwischen ein respektables Gin-Regal zuhause, genießen längst nicht mehr nur eine Marke.


Königliche Mitgift: Wie der Gin englisch wird

Nachdem die Engländer ihren katholischen König vom Thron gejagt haben, wird 1689 Wilhelm III. von Oranien-Nassau zu William III. von England. Aus seiner Heimat, den Niederlanden, bringt der König den Genever mit, einen Kornbrand der mit Wachholder aromatisiert ist. Vom lateinischen Juniperus und dem französischen Genévrier für Wachholder entlehnt man den Namen Genever.

Die Engländer verknappen den Namen Genever letztlich zu Gin. Doch von einer Genussspirituose ist der Gin jener Zeit weit entfernt. Es ist ein eher schlecht gemachter Schnaps, dessen großer Vorteil es ist, deutlich billiger zu sein als der Branntwein aus importierten Weinen. Der Konsum von Gin steigt deutlich an und erfasst weite Teile der Bevölkerung. Der sogenannte Gin Hype entsteht mit ernsthaften Folgen für Volkswirtschaft, Gesundheit und die sozialen Verhältnisse. Dies beendet erst der Gin-Act von 1791, der erstmals Qualitätsanforderungen für Gin formuliert – und natürlich die Steuern auf die Wacholder-Spirituose erhöht. Steigende Preise für Getreide tun ihr übriges. Gin wird besser, teurer, exklusiver und landet allmählich in der britischen Oberschicht.

Nüchtern betrachtet: Herstellung von Gin

Bei Whisky und Rum, bei Wodka, Weinbrand und Cognac gibt es diese eine charakteristische Grundzutat. Anders beim Gin, der seinen Alkohol aus dem sogenannten „Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs“, also Neutralalkohol, bezieht. Den Geschmack verleihen dem Gin Zusätze von Kräutern, Früchten und Gewürzen in getrocknetem und frischem Zustand, sprich die Botanicals.

Diese geben die Brennmeister beispielsweise direkt in den Alkohol und lassen ihn dort einwirken. Im zweiten Schritt wird diese Maische dann destilliert. Eine andere Methode besteht darin, die entstehenden Alkoholdämpfe durch einen Korb mit den Botanicals zu führen. Das mehrfache Brennen des Destillats wie auch die besonderen Brennblasen prägen die Charakteristik des Gins zusätzlich aus. Der Mindestalkoholgehalt für Gin beträgt 37,5 % vol. Aus sensorischen Gründen erhalten bestimmte Abfüllungen auch einen höheren Alkoholanteil, schließlich ist der Alkohol ein wichtiger Geschmacksträger. Besonders bekannt ist der Navy Strength Gin, der mit Volumenprozenten über 50 unbedingt nur in Maßen zu genießen ist. 

 


Aller guten Dinge sind drei: auch beim Gin

Der Blick in die europäische Spirituosenverordnung offenbart, dass es gleich drei Kategorien für den Gin gibt. Gemeinsam sind dem „Gin", dem „Destillierten Gin“ und dem „London Gin“, dass ihre prägende Geschmacksnote der Wacholder ist. Gleiches gilt für den Mindestalkoholgehalt, der für alle drei Kategorien 37,5 Prozentvolumen beträgt. Die Unterschiede liegen in der Herstellung und Details wie der Menge an süßenden Mitteln, die zugefügt werden dürfen.

Der „Gin“ ist die einfachste Form dieser Wacholderspirituose und entsteht allein durch das Aromatisieren des landwirtschaftlich erzeugten Ethylalkohols mit den Botanicals. Ein eigener Brennvorgang ist für diese Gin-Kategorie nicht erforderlich. Anders beim „Destillierten Gin“ und dem „London Gin“, bei denen die Destillation vorgeschrieben ist. Beide Kategorien werden um den Zusatz „Dry“ ergänzt, wenn der Gin nicht mehr als 0,1 Gramm süßende Mittel pro Liter aufweist. Ansonsten sind die Vorgaben für den London Gin noch strenger. Zum Beispiel darf das Destillat nur 70 Prozent Alkoholvolumen aufweisen – beim „Destillierten Gin“ sind es 96 Prozent. Zudem ist jegliche Färbung verboten.

 


Traditionelle Gin-Stile: Katzen, die Navy und Schlehen

Doch die Kategorien der EU-Spirituosenverordnung sind nicht alles. Daneben gibt es Begriffe in der Ginwelt, die eher einen Stil meinen. Allen voran der Old Tom Gin. Dabei handelt es sich um eine gesüßte Spielart des Gin als Gegenstück zum  „Dry“ Gin. Der Name leitet sich von „tom cat“, also dem Kater, ab. Angeblich war ein schwarzer Kater das Erkennungszeichen von Orten, wo man auch in Zeiten des Verbots an den Gin kam. 

Als besonderer Gin gilt auch der Plymouth Gin. Die Hafenstadt war Stützpunkt für die Royal Navy, die hier auch Gin an Bord nahm. Dieser Gin war besonders hochprozentig und heißt heute Navy Proof oder Navy Strength. Proof bezieht sich auf die spezielle „Qualitätsprüfung“ des Gin. Der Gin wurde in Schießpulver geschüttet, vermengt und das ganze angezündet. Brannte das Gemisch, alles gut, der Navy Proof war bestanden. Das geschieht allerdings erst ab mindestens 57 Prozent Alkoholvolumen in der Spirituose. Zu nennen sind noch der Sloe Gin, eine Art Gin-Likör mit Schlehen und eigene Spirituosenkategorie sowie die Flavoured Gins, die nach der Destillation zusätzlich mit Essenzen aromatisiert werden.

Gin in Zahlen: Marken und Konsum

Rund 1000 unterschiedliche Gin-Marken sind aktuellen Erhebungen zufolge – Stand Mai 2022 – allein in Deutschland erhältlich. Mutmaßliche Tendenz: weiter steigend. Gin, Genever und Wacholder zusammen genommen weisen  knapp vier Prozent Anteil im deutschen Spirituosenmarkt auf. Das erscheint überraschend, ist aber vor dem Hintergrund, dass der Gin einst eine völlig unbekannte Spirituose auf dem deutschen Markt war, eine Erfolgsgeschichte. 
 


Maßvoll genießen: Alkohol & Kalorien

Egal ob im Long Drink, im Cocktail oder als puren Genuss, es gilt bei Gin das Maß zu halten. Weniger ist mehr, wenn das Genießen im Vordergrund steht – das gilt für alle Spirituosen. Neben Alkohol ist Gin auch mit Kilokalorien (kcal) beziehungsweise Kilojoule (kJ) ausgestattet. Bei einem Gin mit 37,5 Prozent Alkoholvolumen sind dies bei 20 Milliliter 41 Kilokalorien oder 207 Kilojoule. Auf 100 Milliliter umgerechnet entsprechen dem 172 Kilokalorien oder 858 Kilojoule. Nun ist der Nährwert selten ein Entscheidungskriterium, wenn nach einem Gin gesucht wird. Aber zu wissen, was alles in dem Gin steckt, ist dennoch gut. Und das sensorische Vergnügen wird dadurch nicht geringer.