Obstgeist

Obstgeist

Zuckerarm, aber aromenreich

Kennzeichen eines Obstgeistes sind nicht nur die Aromen von Früchten, wie es der Name sagt.  Der Obstgeist ist die Spirituosengattung, die sich auch für Nüsse und Kräuter, Pilze und Blüten öffnet. Es geht also um die geschmacksstiftende Grundzutat und in der Folge um die Herstellung, die den Obstgeist von Obstbrand, Obstwasser oder schlicht Obstler unterscheidet.

Obstgeist: Mazerieren statt Fruchtwein

Die Früchte oder anderen pflanzlichen Stoffe, die in einem Obstgeist landen, haben allesamt eines gemeinsam. Sie verfügen selbst nicht über genügend Zucker, um eine einfache alkoholische Gärung anzustoßen. So nämlich der Weg für Birne und Apfel beim Obstbrand, die erst zu einem Fruchtwein werden, bevor sie die Destillation durchlaufen. Bei Zutaten wie Sanddorn, Vogelbeere oder eben Haselnuss und Steinpilz finden die Hefen, die Zucker in Alkohol umwandeln, nicht genügend Nahrung. Genau für diesen Fall gibt es den Obstgeist. Zudem ist er auch die Lösung, wenn die Frucht zwar Zucker enthält, allerdings so wenig, dass große Mengen der Frucht benötigt werden. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Himbeere.

 

Das Zucker-Manko sagt allerdings nichts über die aromatischen Qualitäten dieser Früchte aus. Wer einmal einen Vogelbeeren-Geist mit seinem Marzipanaroma im Glas gehabt hat, stellt dies nie wieder in Frage. Vom klassischen Himbeergeist ganz zu schweigen. Ein Geist verleibt sich diese Aromen durch Einweichen oder Mazerieren der Grundzutat in Neutralalkohol ein. Die Beeren, Nüsse oder Pilze aromatisieren – durchaus vergleichbar den Botanicals beim Gin – den Neutralalkohol, bevor diese Mischung destilliert und mit Wasser auf Trinkstärke gebracht wird. Dieser Vorgang wird auch Vergeisten genannt.

Geistreich: maßvoll zu genießen

Trotz der unterschiedlichen Herstellungsarten von Obstgeist und Obstbrand weisen beide Obstspirituosen den gleichen Alkoholgehalt auf. Der in der EU vorgeschriebene Mindestalkohol ist mit 37,5 Prozent Alkoholvolumen nämlich für beide gleich. Deshalb gilt auch für Genuss von Obstgeist, bitte Maß halten und unbedingt das Genießen in den Vordergrund rücken. Gleichstand auch bei den Nährwerten von Geist und Brand. Die übliche Trinkeinheit von 20 Milliliter enthält durchschnittlich 41 Kilokalorien oder 172 Kilojoule. Bei 100 Milliliter entspricht dies 207 Kilokalorien oder 858 Kilojoule.

 

Multitalent Obstgeist: Aperitif und Digestif 

Noch eine Gemeinsamkeit, die Obstgeist und Obstbrand teilen, sie eigenen sich perfekt, um ein gutes Essen einzurahmen. Insbesondere die würzig, kräutrigen Obstgeiste eignen sich als Aperitif und geben ein wunderbares Geschmacks Entree für ein gutes Essen ab . Dagegen stellen frisch, fruchtige Varianten, insbesondere aber die Geiste von Sanddorn, Vogelbeere oder auch Schlehe ihr Talent als Digestif unter Beweis. Und nur am Rande: Ein paar Spritzer Haselnuss-Geist auf einem schlichten Vanilleeis wirken Wunder.

Etwas Fingerspitzengefühl verlangt ein Obstgeist bei seinem Auftritt in der Cocktail-Bar. Begleitet er eine andere Spirituose ist sein Alkoholgehalt zu beachten, aber in der richtigen Dosierung geben die Aromen eines Obstgeistes einem Cocktail einen zusätzlichen fruchtigen oder waldigen, floralen oder süßen Twist. Und noch ein Tipp am Rande: Im klassischen Cocktail-Rezept einen Teil der Leitspirituose durch einen Obstgeist ersetzen. Das sorgt für überraschende Finesse.
 

 

Heimat und Herkunft

Gemeinsamkeiten hat der Obstgeist auch mit dem Obstbrand: Eine davon ist die Herkunft. Dort, wo es Obstgeist gibt, ist der Obstbrand nicht weit. Traditionell verwenden die Brennereien für ihre Spirituosen die Früchte ihrer Region. Von Streuobstwiese bis Waldhimbeeren, nur wenige Spirituosen haben so viel Heimat in sich wie Obstgeist – und Obstbrand. 

Der Geist steht für das Prinzip, die Aromen von zuckerarmen Früchten optimal zu nutzen und ist damit besonders nachhaltig. Mit nur wenigen Früchten gelingt es bereits Himbeer-Aromen mittels Mazerierens in einem Himbeer-Geist bester Qualität scheinen zu lassen. Das Vergeisten macht aus weniger mehr, zur Freude aller Spirituosen Connaisseure.