Whisky
Vom „Wasser des Lebens“ zur Kult-Spirituose
In der großen Welt der edlen Spirituosen ist der Whisky noch einmal eine Welt für sich – gleich ob er mit oder ohne „e“ auf dem Label firmiert. Dabei spielt es auch keine große Rolle, ob nun die Iren dank des Heiligen Patrick oder die Schotten mit dem Mönch John Cor die ersten waren, die das „Wasser des Lebens“ herstellten. Die internationale Whisky-Gemeinde weiß beide zu schätzen und zelebriert geradezu die Vielfalt der Stile und Geschmacksausprägungen. Denn neben Scotch und Irish Whiskey sind es auch der amerikanische Bourbon und der japanische Whisky, die für den Whisky-Genuss werben. Doch die Weltkarte des Whiskys ist damit längst nicht komplett. Australien und Indien, Österreich oder auch Skandinavien sind noch zu nennen. Ein besonderes Augenmerk verdient auch Deutschland, wo sich in den vergangenen gut 40 Jahren immer mehr Brenner entschlossen, unter die Whisky Distiller und auf die Suche nach einem eigenen Stil zu gehen. Kein Wunder also, dass verschiedene deutsche „Wasser des Lebens“ bereits Achtungserfolge auf internationaler Bühne erzielt haben.
Die Whisky-Formel: Zutaten, Destillation und Reife
Aber bevor es um Stile und Herkunft geht, gilt es, zuerst einen Blick auf die Herstellung von Whisky zu werfen. Denn ist das Grundprinzip einmal klar, fällt es anschließend einfacher, die Besonderheiten der unterschiedlichen Whisky-Kulturen auszumachen. Basisstoff für einen Whisky sind Getreidesorten wie Gerste, Roggen und Weizen, aber auch Mais und mitunter sogar Buchweizen, Einkorn, Hirse und Quinoa. Anhand der Grundzutaten sind nun bereits die wichtigsten Whiskys zu unterscheiden. So bezeichnet ein Malt Whisky ein Destillat, das ausschließlich aus gemälzter Gerste (Malz) gebrannt wird. Dagegen enthält ein Grain Whisky auch andere Getreidesorten (Grain) wie Weizen und Roggen. Wird für einen Grain Whisky auch Gerste verwendet, ist diese stets ungemälzt. Kommt ein Malt Whisky aus nur einer Destillerie, darf er sich Single Malt nennen und analog hierzu gibt es auch einen Single Grain Whisky. Der amerikanische Bourbon besteht überwiegend aus Mais und der Rye Whisky erhält seinen Namen vom hauptsächlich eingebrachten Roggen.
Nach dem Schroten des Korns setzen die Distiller durch Zugabe von Wasser die Maische auf. Hefen sorgen nun für die Umwandlung von Zucker in Alkohol. Diese alkoholische Gärung liefert den sogenannten „wash“ mit fünf bis acht Prozent Alkoholvolumen. Es folgt der erste Brennvorgang im „wash still“. Der so gewonnene Rohbrand von etwa 20 bis 25 Prozent Alkoholvolumen durchläuft anschließend eine zweite Destillation in der „spirit still“ genannten Brennblase. Die ergibt ein klares Destillat, das zwischen 75 und 85 Prozent Alkoholvolumen aufweist. Es ist quasi ein ungelagerter Whisky, der noch seine Zeit im Holzfass braucht. Dies ist natürlich sehr verkürzt dargestellt, denn allein das Thema Brennen einschließlich der unterschiedlichen Brennblasen füllt Bände an Fachliteratur.

Blended: Malt und Grain Whisky vereint
Anfangs unterscheidet man in Schottland zunächst nur zwischen dem Malt Whisky aus den Highlands und dem Grain Whisky aus den Lowlands. Ein Whisky-Händler aus Edinburgh versucht sich 1853 als Erster darin, die beiden Whiskysorten zu vermählen, englisch blending genannt. Er will einen harmonischeren, weicheren Whisky kreieren, der gleichsam das Beste aus zwei Welten zusammenbringt. Das ist die Geburtsstunde des Blended Scotch Whisky und der Beginn einer genussreichen Karriere, die bis heute in Gestalt großer, bekannter Marken fortlebt.
Grain, Malt und Blended Whiskeys gibt es natürlich auch in Irland, allerdings werden Irische Whiskeys grundsätzlich dreimal destilliert, der Scotch begnügt sich hingegen mit zwei Brennvorgängen. Sensorisch betrachtet zeigt sich ein irischer Whiskey daher etwas zugänglicher und leichter als sein schottischer Kollege. Zudem haben die irischen Destillerien im Süden der Insel ein Faible für besonders große Brennblasen. Ein Whiskey, der aus dem Destillieren mit nur einer Brennblase entsteht, ist an der Bezeichnung Single Pot Still Whiskey zu erkennen. Eines haben die beiden Rivalen dann doch gemeinsam, die Bezeichnungen Scotch Whisky und Irish Whiskey sind geschützte geografische Herkunftsangaben.
Bourbon: auf die Mischung kommt es an
Schon beim Grain Whisky kommt es auf die Zusammensetzung der Grundzutaten an. Welche Getreidesorten in welchem Verhältnis zusammenfinden, entscheidet maßgeblich über die geschmackliche Ausprägung des Whiskys. Ein großes Geheimnis liegt also bereits in der Maische begründet. Das englische Wort für die Liste, die das Mischungsverhältnis genau aufschlüsselt, lautet Mash Bill. Die Mash Bill ist das Zauberwort beim amerikanischen Bourbon. Denn dem transatlantischen Whiskey-Kollegen steht die komplette Bandbreite an Grundzutaten zur Verfügung. Mais steht dabei deutlich im Vordergrund. So sieht die gesetzliche Regelung für Bourbon mindestens 51 Prozent Mais auf der Mash Bill vor.
Japan: im Osten geht die Whisky-Sonne auf
Das Jahr 2015 markiert einen kleinen Meilenstein in der Whisky-Geschichte, den erstmals adelt Whisky-Guru Jim Murray ein japanisches Destillat zum besten Whisky der Welt. Spätestens seitdem zählt auch Japan zu den ersten Adressen für den Kult-Brand. Begründer der Whisky-Tradition im Land der aufgehenden Sonne ist Masataka Taketsuru, der einige Zeit in Schottland verbringt, um dort Chemie zu studieren. Er lässt sich vom Whisky-Fieber anstecken und lernt alles über Grundzutaten und Brennen, Reifeprozesse und Blenden. Als er nach Japan zurückkehrt, gründet er 1923 mit Shimjiro Torii die erste Whisky-Destille des Landes.

Aufbruch: vom gelagerten Korn zum deutschen Whisky
Ende des 18. Jahrhunderts erscheint in Straßburg das Buch „Über das Brandtwein Brennen“, das auch eine Anleitung zur Herstellung eines „Irrländischen Usquebah“ enthält. Der Name bezieht sich auf das keltische „Uisge Beatha“, das Wasser des Lebens – sprich Whisky. In der Oberpfalz wird 25 Jahre später erstmals ein „Brauner Bauerkorn“ angeboten, der mittlerweile als erster deutscher Whisky angesehen wird. Denn tatsächlich sind der Kornbrand und der Whisky enge Verwandte. Beide sind Getreidebrände und kommt bei einem Korn noch die Lagerung im Fass dazu, ist der Weg zum Whisky nicht mehr weit.
In den 1980er Jahren, vereinzelt schon früher, verschreiben sich die ersten deutschen Brenner dem Whisky-Projekt. Doch es dauert noch bis 2007, bis am bayerischen Schliersee die erste deutsche Brennerei entsteht, die sich exklusiv dem Whisky widmet. Mittlerweile gibt es weit über 100 Brennereien in Deutschland (Stand 2022). Dabei wächst auch die Anzahl von Brennereien, die bereits lang gelagerte Qualitäten anbieten können. Auf einen zehn oder auch zwölf Jahre gereiften Whisky aus deutschen Landen zu treffen, ist mittlerweile kein Glücksfall mehr. Hervorzuheben ist zudem, dass die deutschen Whisky-Distiller die Besonderheiten der Region ebenso im Blick haben wie die internationale Bühne.
Faktor Fass: Innenansichten eines Whiskys
Ohne Fass geht es nun mal nicht. Das Fass trägt die Farbe in die Spirituose und sorgt für mehr Vielschichtigkeit, aber auch Ausgewogenheit. Zum einen geht es natürlich um die Dauer der Fassreife. Generell schreibt die EU-Spirituosenverordnung eine Reife von drei Jahren vor, doch die besten Destillate lagern deutlich länger im Holz und tun dies auch stolz auf ihrem Label kund. Entscheidend ist zudem aus welchem Holz, die Fässer gemacht sind, wie stark die Innenseite mit offener Flamme „getoasted“ wurde und was eventuell zuvor in dem Fass gelagert wurde. Eine recht komplizierte Angelegenheit also, von den Experten recht nüchtern Cask-Management genannt.
Eichenholz ist für die Fässer erste Wahl, weil es sich für die Mikrooxidation, also den Austausch von Luft durch das fein poröse Holz, besonders eignet. Amerikanische Eichen wachsen gerader als die europäischen und sind daher leichter zu verarbeiten. In Japan greifen die besten Destillerien gern auf das Holz der Mizunara-Eiche zurück. Für amerikanischen Bourbon sind stets neue Fässer vorgeschrieben, in denen noch keine andere Spirituosen oder sonstigen Flüssigkeiten gelagert wurden. Diese „Virgin Oaks“ sind zwar in den USA nur einmal im Einsatz, in anderen Whisky-Ländern sind die gebrauchten Bourbon-Fässer jedoch sehr beliebt, um in der Zweitbelegung die eigenen Destillate darin zu reifen. Ähnliches gilt für gebrauchte Portwein-, Sherry- und Weinfässer, sie kommen zumeist in der letzten Reifephase zum Einsatz und hauchen dem Whisky zusätzliche Geschmacksnuancen ein.
Whisky: in Deutschland eine feste Größe
Zieht man die Zahlen des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland zu Rate und addiert die Umsätze der verschiedenen Whisky-Kategorien, landet man bei einem Marktanteil von fast 13 Prozent, was rund 555.334 Millionen Euro entspricht (Quelle: Daten aus der Alkoholwirtschaft 2022, BSI). Aber auch in der Gastronomie ist der Whisky eine feste Größe, und dank nationaler und regionaler Messen ist die deutsche Whisky-Szene lebendiger denn je und stets bereit zu neuen Genussabenteuern.
Genusskosmos Whisky: vom Einsteiger zum Connaisseur
Sind die Geschmäcker auch noch so verschieden, für jede und jeden findet sich ein Whisky, der gefällt. Für Einsteiger sind Whiskys mit ausgeprägter Torfnote vielleicht nicht das richtige, sie greifen besser zu einem ungetorften Malt Whisky und probieren sich dann an der Skala der rauchigen Aromen nach oben. Eine Empfehlung sind auch die Irischen Whiskeys, die aufgrund der dreifachen Destillation meist etwas leichter und charmanter ausfallen. Etwas mehr Süße im Destillat und stärkere Vanille-Noten aus der Fassreife bringt der Bourbon mit, was ihn ebenfalls sehr zugänglich macht. Wem würzige Noten im Whisky gefallen, muss einen Bourbon mit hohem Roggenanteil oder direkt einen Rye Whisky versuchen. Unermesslich viele Anregungen dieser Art hat der Whisky zu bieten, umso mehr gilt für Whisky-Connaisseure und solche, die es werden wollen: Probieren geht über Studieren.

Kalorien & Co: Nährwertangaben
Solo im Tumbler oder als prägende Spirituose im Cocktail, die Wege zum Whisky sind unerschöpflich. Deshalb ist auch ein maßvoller Umgang mit dem Wasser des Lebens angeraten, der den Genuss an der Spirituose in den Vordergrund rückt. Schließlich gilt für Whisky aus der EU ein Mindestalkoholgehalt von 40 Prozent Volumen. Bei amerikanischen und japanischen Whiskys sind oft auch deutlich höhere Prozentzahlen zu finden.
Der Vollständigkeit halber seien noch die Nährwertangaben erwähnt. Ein Whisky mit 40 Prozent Alkoholvolumen bringt es bei 20 Millilitern auf 44 Kilokalorien oder 183 Kilojoule und bei 100 Millilitern macht dies 221 Kilokalorien oder 916 Kilojoule aus. Sicherlich stellt der Nährwert nicht das wichtigste Kriterium dar, um einen Whisky auszusuchen und zu genießen. Dennoch schärft auch diese Angabe die Wahrnehmung und lehrt uns, mit Augenmaß vorzugehen, wenn man sich den genussreichen Verführungen des „Wasser des Lebens“ hingibt.
Vom „magischen Allheilmittel“ zum modernen Genuss
Erfahren Sie mehr über jahrhundertealte Geschichte der Spirituosenherstellung.
GESCHICHTE
Herstellung von Spirituosen
So entsteht geistreicher Genuss. Erfahren Sie mehr über die Destillation von Alkohol und die Kunst der Brennmeister.
HERSTELLUNG
Lexikon
Die wichtigsten Grundbegriffe und Erklärungen aus der Welt der Spirituosen.
LEXIKON