Obstbrand

Obstbrand

In der Spirituosen-Dreifaltigkeit von Weinbrand, Getreidebrand und Obstbrand ist es ohne Zweifel der Obstbrand, der die Genießer am eindrücklichsten mit feinen Fruchtaromen verwöhnt. Ob Apfel oder Birne, ob Kirsche oder Mirabelle: Keine Spirituose lässt die Grundzutat so nuanciert und spürbar schmecken wie der Obstbrand. Die aromatische Finesse macht das Obstdestillat aus und verleiht ihm eine unverkennbar eigene Sensorik.
 

Obstler, Obstwasser & Obstbrand

Ehrlicher kann der Name einer Spirituose nicht sein: Obstbrand. Aber es wäre zu einfach, wenn es nicht auch andere Bezeichnungen gäbe, die eigentlich dasselbe meinen. Denn je nach Region und Tradition ist der Obstbrand auch als Obstwasser oder schlicht Obstler geläufig. Doch aufgepasst, ist von einem Obstgeist die Rede, handelt es sich sofort um eine andere Herstellung. Bei einem Geist werden die Obstsorten oder Beeren nicht eingemaischt und vergoren, sondern zum Aromatisieren eines neutralen Destillats genutzt, in dem die Früchte frisch beigegeben werden. Dieses Verfahren wird Mazeration genannt.

Doch zurück zum Obstbrand aka Obstler aka Obstwasser. Das Obst im Namen ist zudem ein Hinweis, dass für das Destillat gleich mehrere Obst- oder Beerenfrüchte vergoren und destilliert wurde. Besteht der Brand ausschließlich aus einer Frucht, kann deren Name das „Obst“ in der Bezeichnung ersetzen. Beispielhaft seien hier Kirschwasser, Zwetschgenwasser oder Williamsbirnenbrand genannt, die nur drei aus der Riege der ganz feinen Tropfen sind.
 

 

Kernobst, Steinobst und Beeren

Apfel und Birne sind quasi die Klassiker unter den Obstbränden. Das gilt umso mehr für die Destillate, die mehrere Früchte verarbeiten, also den normalen Obstler oder Obstbrand. Aber auch solo ist insbesondere die Birne gesetzt. Kleines Detail am Rande: Die Verarbeitung der Früchte von sogenannten Streuobstwiesen trägt übrigens maßgeblich dazu bei, diesen einzigartigen Kulturraum zu erhalten. Obstbrand kann also auch öko. Denn die auf den Streuobstwiesen geernteten Äpfel und Birnen sind absolut unbehandelt und frei von Chemie, wenn sie in der Brennerei ankommen.

Neben dem Kernobst sind die Steinobstsorten wie Pfirsich und Aprikose, Pflaume, Zwetschge und Mirabelle bei den Obstbrennern beliebt. Allen voran natürlich die Kirsche – gleich ob süß oder sauer. Gemeinsam ist dieses Obstsorten, dass der Stein im inneren Frucht eigene Aromen in das Destillat einträgt. Finden sich Töne von Marzipan oder Mandel im Brand ist dies ein Indiz dafür, dass der Stein – also der große Kern – mit vergoren und destilliert wurde. Weniger bekannt sind Obstbrände aus Quitten, Schlehen, Zibarten oder Vogelbeeren.

 

 

Hochgeistige Geschichte aus der Region: Obstbrand

Selbstredend, dass der Obstbrand eine Sache jener Regionen ist, in denen der Obstanbau zuhause ist. In Deutschland meint dies vor allem den Süden mit Baden und Schwarzwald sowie der Fränkischen Schweiz, dem Bodensee und dem Vorland der schwäbischen Alb. Dort traten traditionell auch die Obrigkeiten für das Brennen des Obstes ein. Die zusätzliche Einnahme war gut für die Bauern, und natürlich auch gut für eine eigene Steuer. Ein Beispiel dafür ist die Erlaubnis, Kirschen für den Eigenkonsum zu brennen, die 1726 der Bischof von Straßburg der Gemeinde Oberkirch in Baden erteilt. Und Eigenkonsum ist bis heute ein dehnbarer Begriff. 

Klar gesetzt ist dagegen, dass Obstbrand, Obstwasser und Obstler – und in diesem Fall auch all die Obstgeiste – zur Genießer-DNA im Süden der Republik zählen. Wie übrigens in den benachbarten Elsass, Österreich und Schweiz ebenso. In diesen traditionellem Zusammenhang passt auch, dass zwei Regionen sich diese Spirituosenherkunft sogar haben schützen lassen. Folgende Spirituosen können nämlich den Titel einer geschützten geographischen Angabe führen:  Fränkisches Kirschwasser, Fränkischer Obstler und Fränkisches Zwetschgenwasser, Schwarzwälder Kirschwasser, Schwarzwälder Mirabellenwasser, Schwarzwälder Williamsbirne und Schwarzwälder Zwetschgenwasser. 
 

 

Obstbrand destillieren: Erfahrung und Fingerspitzengefühl

Es ist wie bei allen guten Dingen, es fängt immer ganz am Anfang an. Beim Obstdestillat meint dies die Auswahl der Zutaten. Gesunde, reife Früchte bringen die besten aromatischen Ergebnisse. Wichtig ist zudem, dass Blätter und Stile aussortiert werden. Das Obst oder die Beeren werden zunächst in saftige, also flüssige Form gebracht und vergärt. Dabei wandeln Hefen den in der sogenannten Maische vorhandenen Zucker in Alkohol und Kohlensäure um. Je nach Zuckergehalt der Obstsorte oder Beerenart entsteht so die Ausgangsbasis für den Brand, die jedoch nur vier bis zehn Prozent Alkohol Volumen aufweist. Der Rest ist Aufgabe des Brenners.

Seinem Handwerk ist es zu verdanken, dass nun die Aromastoffe und der Alkohol vom Rest der Maische abgetrennt und konzentriert werden. Auch so kann man Destillation beschreiben, jedoch unterschlägt die Formulierung wie aufmerksam der Brenner den Prozess begleitet und wieviel Fingerspitzengefühl und Erfahrung es braucht, um alles richtig zu machen. Entscheidend für die Qualität des Obstbrands – gilt letztlich für alle Spirituosen – dass vom Destillat, der Vor- und der Nachlauf abgetrennt werden, deren Güte minder ist und so zu Fehltönen im Brand führen kann. Beste Qualität liefert nur der sogenannte Mittellauf.