Spirituosenmarkt – Herausforderungen und Chancen (Kurzfassung)

Nr. 4/2020 – Kurzfassung

  • Spirituosenmarkt 2019: Qualität im Fokus
  • Leichter Absatzrückgang bei stabilem Umsatzniveau
  • Strafzölle belasten Spirituosen-Importe und -Exporte zunehmend
  • Gesundheitspolitik und Verbraucherschutz: nachhaltige Aufklärung und Prävention als wichtiger Beitrag zu „maßvollem Konsum“
  • Die Corona-Krise wird auch an der Spirituosenbranche 2020 nicht spurlos vorüberziehen.

Bonn (BSI) – Trotz der Abkühlung des langanhaltenden Aufschwungs in Deutschland 2019 haben sich Spirituosen im Segment der alkoholhaltigen Getränke am Markt 2019 relativ ausgewogen behaupten können. Mit rund 720 Millionen Flaschen à 0,7 Liter lag der Spirituosenmarkt im Jahr 2019 um rund 1,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau – bleibt damit weiterhin der größte Markt für Spirituosen innerhalb der Europäischen Union. Der Pro-Kopf-Konsum lag 2019 bei 5,3 Liter (rund -1 %). Im Jahr 2019 kauften rund 60 Prozent aller Haushalte in Deutschland mindestens einmal Spirituosen ein (Käuferreichweite). Damit gehören Spirituosen auch im Jahr 2019 erneut zu den umsatzstarken Warengruppen im Lebensmittel-Einzelhandel.

Gemäß den GfK-Klimastudien-Analysen haben in 2020 die Corona-Pandemie und ihre verschiedenen globalen und nationalen Belastungstests als auch die wirtschaftlichen Eckpunkte und die Handelshemmnisse die Verbraucherstimmung auch bei Spirituosen getroffen. Während der Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) Anfang des Jahres 2020 eine relativ stabile Nachfrage auch im Bereich der alkoholhaltigen Getränke in Deutschland zeigte, ist diese jetzt zum Teil rückläufig. Überdies werden die voraussichtlichen Umsatzeinbußen der Gastronomie in Höhe von 15 bis 20 Prozent für den Spirituosenbereich nicht durch die LEH-Nachfrage kompensiert. „Die weitere Entwicklung am Spirituosenmarkt wird in Abhängigkeit von der angestiegenen Sparneigung sicherlich auch ihre Auswirkungen im Spirituosenbereich zeigen, wobei eine seriöse Konsumprognose für 2020 erst abgegeben werden kann, wenn absehbar ist, wie lange die Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland Konsequenzen zeigen“, so der BSI-Präsident Thomas Ernst.

Nach Analysen der Marktforschung Information Resources GmbH sank der Absatz an Spirituosen im LEH (inklusive Aldi/Lidl/Norma) 2019 um 2,7 Millionen Flaschen bzw. um 0,5 Prozent auf rund 543 Millionen Flaschen à 0,7 Liter gegenüber dem Vorjahr. Rund 75 Prozent des Gesamtabsatzes mit Spirituosen wurden 2019 über den Lebensmittel-Einzelhandel abgesetzt.

Im Jahr 2019 setzte sich gleichwohl eine unterschiedliche Entwicklung bei den Segmenten für Spirituosen fort. Die größten Marktanteile verbuchten mengenmäßig weiterhin „Klare Spirituosen“ (rund 36,6 Prozent), „Liköre“ (rund 35,5 Prozent) und „Weinbrände/Cognac“ (rund 8,8 Prozent). Zu den Gewinnern zählten 2019 – nach Analyse der vorgenannten Marktforschung – u. a.: Gin/Genever, Liköre (u. a. „restliche“ Liköre, Pfefferminzliköre, Eierliköre, Halbbitterliköre, Sahneliköre), Whisk(e)ys, Raki, Rum, Jagertee, Likörwein, Kümmel etc. Das Umsatzvolumen am Spirituosenmarkt betrug 2019 rund 4,5 Milliarden Euro im LEH. Das ist gut ein Viertel des Umsatzes aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) im LEH.

Die Spirituosenimporte umfassten im Jahr 2019 rund 455 Millionen Flaschen à 0,7 Liter (-3,4 Prozent) – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes. Dieses entspricht einer Abnahme um 16 Millionen Flaschen im Vorjahresvergleich. Im Zeitraum der letzten zehn Jahre stiegen die Importe um rund 72 Millionen Flaschen bzw. um 18,8 Prozent. Bezogen auf den Gesamtmarkt an Spirituosen entfallen auf Importspirituosen – nach Angaben der Marktforschung GfK SE – aktuell rund 43 Prozent des Spirituosenangebots in Deutschland (ohne Doppelzählungen, die die Zahlen des Statistischen Bundesamtes enthalten). Wichtigste Importländer waren 2019: Großbritannien, Italien, die USA, Frankreich, Griechenland, die Niederlande, Spanien, Irland, Russland, Jamaika, Schweden und Swasiland.

Die Spirituosenexporte betrugen im Jahr 2019 – nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes – rund 279 Millionen Flaschen à 0,7 Liter. Dieses entspricht einer Abnahme im entsprechenden Vorjahresvergleich um 9 Millionen Flaschen bzw. um 3,1 Prozent und einer Erhöhung in den letzten zehn Jahren um 67 Millionen Flaschen bzw. um 31,6 Prozent. Zu den wichtigsten Ausfuhrländern zählten 2019 u. a.: die Niederlande, die USA, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Österreich, Dänemark, die Tschechische Republik, Italien, die Volksrepublik China und die Schweiz.

Das Gesamtmarktangebot (Produktion + Import – Export) verringerte sich – nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes und Schätzungen des BSI – im Jahr 2019 (im entsprechenden Vorjahresvergleich) um 11 Millionen Flaschen à 0,7 Liter bzw. um 1,5 Prozent (ohne spirituosenhaltige Mischgetränke).

Die gesamte Spirituosenbranche inklusive Importeure hatte 2019 eine stabile Umsatzentwicklung mit geschätzten rund 4,7 Milliarden Euro – darin sind rund 2,1 Milliarden Euro an Alkoholsteuern für Spirituosen enthalten.

Der Konsum pro Kopf an Spirituosen lag im Jahr 2019 bei rund 5,3 Liter Fertigware (Quelle: vorläufige Zahl des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) und verringerte sich damit um rund 0,05 Liter bzw. um rund 1 %.

Im internationalen Vergleich des Pro-Kopf-Konsums mit Spirituosen belegte Deutschland im Jahr 2018 (Zahlen für die Kalenderjahre 2019 lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor) Platz 50 – unter anderem hinter Südkorea, Russland, Lettland, Bulgarien, Belarus etc. – gemäß den Analysen der Marktforschung „the IWSR and the IWSR Magazine (the Source for Wine & Spirits Analysis)“, London/Großbritannien.

Der Verbrauch pro Kopf aller alkoholhaltigen Getränke (Bier, Wein, Sekt und Spirituosen) betrug im Jahr 2019 128,5 Liter pro Kopf und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich um 2,8 Liter bzw. um 2,1 Prozent.

In Bezug auf das gesamte Aufkommen 2019 der spezifischen Verbrauchsteuern für alkoholhaltige Getränke (Bier, Wein, Sekt, Spirituosen und spirituosenhaltige Mischgetränke sowie Zwischenerzeugnisse) in Höhe von 3.139,5 Millionen Euro (2018: 3.185,7 Millionen Euro) entfiel auf die Alkoholsteuer für Spirituosen ein Anteil von 67,5 Prozent – wohingegen der Pro-Kopf-Konsum an Spirituosen – bezogen auf alle alkoholhaltigen Getränke 2019 – bei nur rund 4,1 Prozent lag. Die Alkoholsteuer für Spirituosen betrug 2.117,8 Millionen Euro im Jahr 2019 und sank damit im entsprechenden Vorjahresvergleich um 14,9 Millionen Euro bzw. um 0,7 Prozent.

Die Mitarbeiter- und Betriebsstruktur in der Spirituosenbranche ist seit Jahrzehnten durch Konzentration gekennzeichnet. Im Jahr 2019 ergab sich in der Spirituosenbranche in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten eine Abnahme auf 2.858 Mitarbeiter (-36 Mitarbeiter/-1,2 Prozent), die in 48 Betrieben (-4 Betriebe/-7,7 Prozent) beschäftigt waren (Quelle: Angaben des Statistischen Bundesamtes).

 

Ausblick

Die längste Aufschwungsphase in der Nachkriegszeit ist in der deutschen Wirtschaft bereits seit Mitte 2019 beendet. Dies begründete der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im November 2019 mit der ungewissen Zukunft der globalen Wirtschaftsordnung.
Die Corona-Pandemie bedroht die Globalisierung und wird ihren Niederschlag besonders auch in der deutschen Wirtschaft zeigen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hält in seinem Sondergutachten vom März 2020 fest:

  • „Die Verbreitung des Corona-Virus hat die beginnende konjunkturelle Entwicklung gestoppt. Die deutsche Volkswirtschaft wird im Jahr 2020 deutlich schrumpfen.
  • Die wirtschaftliche Entwicklung hängt vom Ausmaß und Dauer der gesundheitspolitischen Maßnahmen und der darauffolgenden Erholung ab.
  • Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen sollten sich an fünf Kriterien orientieren: Gesundheit schützen, klar kommunizieren, Kapazitäten erhalten, Einkommen stabilisieren und die Zeit gut nutzen.“

Die Phasen des Lockdowns aufgrund der Corona-Krise, des Exits und die Roadmap für die Rückkehr zur „neuen Normalität“ werden die deutsche Wirtschaft, aber auch die Spirituosenbranche nachhaltig fordern – insbesondere auch aufgrund der Verluste im Gastronomie-, Duty Free-, Tourismus-Bereich (ca. 20 Prozent Distribution im Jahresdurchschnitt), die voraussichtlich 2020 nicht ausgeglichen werden können. Überdies belasten Mitglieder des BSI Absatz- und Umsatzeinbußen für Spirituosen-Importe (insbesondere Whiskeys aus den USA seit Juni 2018 ) sowie für Spirituosen-Exporte (insbesondere Liköre aus Deutschland seit Oktober 2019) aufgrund von Strafzöllen seitens der EU (im Zuge der Aluminium und Stahl Vergeltungsentscheidungen) und der USA (im Zuge der Airbus Vergeltungsentscheidungen).

Die Spirituosenbranche analysiert diese Entwicklungstrends mit besonderem Interesse, da für sie – als Branche mit hochwertigem, kulturellem und traditionellem sowie genussorientiertem Angebot – die Verbraucherstimmung, aber auch ihre Nachfrage von besonderem Stellenwert sind.

Wichtig wird auch in Zukunft eine umfassende Markenpflege, ein umfassendes Markenbewusstsein, Qualität und Regionalität sowie die Bereitschaft zu weiteren Investitionen sein, um an die wirtschaftlichen Ergebnisse der letzten Jahre wieder anknüpfen zu dürfen.

Auch im Jahr 2020 übernimmt der BSI aktiv Verantwortung für den verantwortungsvollen Konsum von alkoholhaltigen Getränken. Der „Arbeitskreis Alkohol und Verantwortung“ des BSI setzt bereits seit 2005 auf eigene Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen, um den verantwortungsvollen Umgang mit alkoholhaltigen Getränken zu fördern. Da deren Evaluierungen durchweg positive Ergebnisse zeigen, werden diese Initiativen nachhaltig fortgesetzt – seit 2020 unter Schirmherrschaft der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Daniela Ludwig.

Folgende Präventionsinitiativen des „Arbeitskreises Alkohol und Verantwortung“ des BSI werden nachhaltig seit Jahren und erfolgreich evaluiert durchgeführt:

  • die Eltern-Präventionsinitiative „Klartext reden!“ (www.klartext-reden.de) zur Unterstützung der Alkoholprävention in Familien; über www.klartext-elterntraining.de können sich Eltern auch im Rahmen eines Online-Trainings Rat einholen;
  • die Prävention „Schulungsinitiative Jugendschutz“ (www.schu-ju.de) zur Stärkung des Jugendschutzes bei der Abgabe von alkoholhaltigen Getränken, die in Kooperation mit mittlerweile bereits 23 Partnern bundesweit vernetzt ist;
  • In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Onlinehandel e. V. wird seit September 2019 Online-Händlern ein Web Based Training (WBT) zum Thema „Jugendschutz im Online-Handel mit Spirituosen“ angeboten (www.onlinehandel-wbt.de);
  • die Schwangerschafts-Präventionsinitiative „Verantwortung von Anfang an!“ zur bundesweiten Aufklärung in der Schwangerschaft und Stillzeit – die insbesondere die beiden wichtigen Zielgruppen angeht: Schwangere sowie Mädchen/junge Frauen; ein begleitender Internetauftritt der Initiative ist seit Ende 2010 (Relaunch: Februar 2018 mit Aufklärungsvideo) unter www.verantwortung-von-anfang-an.de online;
  • die Präventionsbroschüre „Hinsehen, Zuhören, Ansprechen! – Alkohol am Arbeitsplatz – Ein Leitfaden für die kollegiale Hilfe“ sowie
  • die Verkehrssicherheits-Initiative „DON’T DRINK AND DRIVE“/„WER FÄHRT, BLEIBT NÜCHTERN“ (www.ddad.de), die der BSI/„Arbeitskreis Alkohol und Verantwortung“ zusammen mit den Wirtschaftsverbänden der Bier-, Wein- und Sektbranche durchführt.

Der BSI begrüßt auch in diesem Zusammenhang die aktuelle Veröffentlichung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum rückläufigen Konsum alkoholhaltiger Getränke bei Jugendlichen – aufgrund von Aufklärungsmaßnahmen – in den vergangenen Jahren. Er wird mit den vorgenannten Präventionsmaßnahmen des „Arbeitskreises Alkohol und Verantwortung“ auch zukünftig – nachhaltig ausbauend – seinen diesbezüglichen Beitrag leisten.

Gemeinsam mit dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e. V. – ZAW – (www.zaw.de) haben die Unternehmen der Alkoholwirtschaft die vom Deutschen Werberat konsequent überwachten „Freiwilligen Verhaltensregeln über die kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke“ erstellt und im April 2009 umfassend aktualisiert und implementiert.

Im Rahmen seiner Selbstverpflichtungen hat der BSI folgende Maßnahmen initiiert:

  • Selbstregulierung gegen „Flatrate“- oder „All-you-can-drink“-Partys,
  • Selbstregulierung bezüglich „Naming and Packaging“,
  • Selbstregulierung gegen Präsentation von Models in der Werbung, die jünger als 25 Jahre sind,
  • Selbstregulierung bezüglich „Responsible Drinking Message“,
  • Selbstregulierung bezüglich 70/30-Regel bei der Werbung,
  • Selbstregulierung bezüglich Jugendschutz im Online-Handel.

 

Seit April 2009 hat der BSI die Verbraucherwebsite „www.massvoll-geniessen.de“ hinterlegt, auf der die Konsument/innen alle relevanten Informationen zu Vorteilen und Gefahren des Konsums von alkoholhaltigen Getränken stets aktualisiert finden, um als mündige/n Bürger/in eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen und verantwortungsvoll mit alkoholhaltigen Getränken umgehen zu können (Relaunch inklusive Datenbank mit Informationen über Spirituosengattungen: Februar 2020).
„Der Relaunch des Webportals mit der Datenbank ist eine neue Selbstregulierung der vom BSI zugesagten Transparenz, mit der wir die Konsumentinnen und Konsumenten über die Welt der Spirituosengattungen aufklären wollen“, sagt Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin des BSI. „Das ist ein guter Anfang und wir werden in den nächsten Jahren diese Informationen zudem weiter umfassend ausarbeiten“, so Angelika Wiesgen-Pick weiter.

Alle Maßnahmen zur Prävention und Selbstregulierung sind dabei auch Teil eines europaweit angelegten Konzepts der Hersteller und Importeure von Spirituosen.

In unseren Lebenskreisen sind alkoholhaltige Getränke von alters her unverzichtbare Elemente einer gelebten Genuss- und Traditionskultur. Der BSI will diese Kultur – in einer auf Selbstbestimmung aufbauenden Gesellschaft – mit pflegen und unterstützen: Genuss, aber auch Eigenverantwortung gehören dabei zusammen.


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BSI-Geschäftsstelle
Angelika Wiesgen-Pick
Geschäftsführerin
Urstadtstraße 2
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Telefon: 0228 53994-0
Telefax: 0228 53994-20
E-Mail: info@bsi-bonn.de
Internet: www.spirituosen-verband.de

 

 

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